01.11.2016
Ob wir Beziehungen eingehen können, und welcher Art diese Bindungen dann letztendlich sind, hängt in nicht geringem Maße mit unseren Erfahrungen aus unserer Kindheit zusammen.
Wenn wir geboren werden, so kommen wir zunächst sehr unvollständig auf die Welt. Wir sind ein abhängiges Bündel voller Bedürfnisse.
Im Idealfall haben Kinder eine liebevolle Umgebung, haben Eltern, die einfühlsam auf sie eingehen und ihre Bedürfnisse angemessen befriedigen.
Forschungen gehen davon aus, dass ca 58% der deutschen Kinder einen solch sicheren Bindungsstil erfahren.
Etwa 35% der deutschen Kinder erleben einen unsicher-vermeidenden Bindungsstil. Sie machen die Erfahrung, oft zurückgewiesen und vernachlässigt zu werden. So sind sie schon relativ früh emotional auf sich gestellt und lernen es nicht wirklich, sich auf andere zu beziehen. Als Erwachsene meiden sie deshalb enge Beziehungen und verlassen sich vorwiegend auf sich selbst. Nähe wird eher als unangenehm empfunden, Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit wird von diesen Menschen betont. Diese Bindungstypen neigen auch zur Idealisierung ihrer Eltern, obwohl sie oft wenig Erinnerung an ihre eigene Kindheit haben.
Einen unsicher-ambivalenten Bindungsstil erfahren immerhin noch ca 8% der deutschen Kinder. Sie werden auf nicht vorhersehbare Weise von den Eltern versorgt, mal überschwänglich und nähebedürftig, mal abweisend und kalt. Diese Kinder entwickeln sehr oft feine Antennen für die Befindlichkeit ihrer Eltern, um wenigstens ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen. Jedoch haben sie aufgrund der starken Konzentration auf ihre Eltern oft wenig bewussten Zugang zu ihren eigenen Bedürfnissen. Auch gelingt im Erwachsenenalter die Ablösung der Eltern nicht hinreichend. Unsicher-ambivalent gebundene Erwachsene neigen dazu, in Beziehungen abhängig zu sein und zu klammern. Sie schwanken zwischen dem Gefühl, lieber allein bleiben zu wollen und ihren symbiotischen Beziehungswünschen. Sie leiden oft auch unter starken Trennungsängsten.
Ca 5% der deutschen Kinder sind in der Kindheit massivsten Belastungen ausgesetzt. Entweder haben sie psychisch kranke Eltern, die nicht ausreichend auf sie eingehen können oder sie haben mindestens eine traumatische Trennung von wichtigen Bindungspersonen erlebt, so dass ihr Vertrauen nachhaltig erschüttert wurde. Viele wurden Opfer von psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt und sind somit selbst schwer traumatisiert. Erwachsene Menschen, die diesen desorganisierten Bindungsstil erlebt haben, haben kein Vertrauen in die Umwelt und wenig Vertrauen in sich selbst. Sie fühlen sich wertlos und meinen, es nicht verdient zu haben, dass man sie liebt. Sie schrecken vor Bindung zurück aus Angst vor Verletzung, fühlen sich aber gleichzeitig oft sehr einsam und unglücklich.
Aber unabhängig davon, welchen der Bindungsstile wir erfahren haben – wir können uns jeden Tag neu entscheiden, wie wir leben möchten.
Ein Schritt hin zu einer Veränderung liegt darin, sich dieser oft unbewusst ablaufenden Programme bewusst zu werden und sie erst einmal wirklich zu akzeptieren.
Tanja Francisco
HP Psych - Fogo Sagrado Coach & Lehrerin
www.toadtouchwood.de
Tanja - 11:53 @ Allgemein | Kommentar hinzufügen
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